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BMBF-Verbund NANoSoGT: Rechtliche und ethische Fragen der somatischen Gentherapie
Die Genschere CRISPR/Cas revolutioniert medizinische Verfahren, die ein Gen verändern. Das wirft rechtliche, ethische und biomedizinische Fragen auf. Ein Team der Universität Passau um den Juristen Professor Hans-Georg Dederer koordiniert dazu ein interdisziplinäres BMBF-Verbundprojekt. Das BMBF stellt hierfür 1,2 Millionen Euro bereit. Beteiligt sind zudem Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover sowie Ethikerinnen und Ethiker an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Die Medizin der Zukunft ist alt. Denn das Prinzip der somatischen Gentherapie stammt aus den 1990er Jahren, als Forschende Methoden entwickelten, um gesunde Gene mit Hilfe von harmlosen Viren in menschliche Zellen zu transportieren. Doch es kam zu schweren Rückschlägen bis hin zu Todesfällen, die Forschung wurde zwischenzeitlich stark reduziert. Jetzt gibt es insbesondere mit der Genschere CRISPR/Cas neue technische, vor allem sichere Möglichkeiten, die allerdings auch neue rechtliche und ethische Fragen aufwerfen.
Hier setzt der interdisziplinäre BMBF-Verbund „NANoSoGT - Normative Assessment of Novel Somatic Genomic Therapies” an, den ein Team um den Juristen Prof. Dr. Hans-Georg Dederer von der Universität Passau koordiniert. „Prof. Dr. Dederer forscht seit Jahren im interdisziplinären Verbund an rechtlichen und ethischen Fragen von größter praktischer und aktueller Bedeutung. Ich gratuliere ihm ganz herzlich zu diesem Erfolg, der auch die Forschungsstärke der Juristischen Fakultät wieder einmal unter Beweis stellt“, sagt Prof. Dr. Jörg Fedtke, Dekan der Juristischen Fakultät der Universität Passau.
„Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, diesen Verbund einzuwerben, denn die rechtliche und ethische Einordnung der somatischen Gentherapie wurde bislang vernachlässigt“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Dederer, der an der Universität Passau den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht innehat. Die Forschung und die öffentliche Debatte habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten primär auf die Keimbahntherapie konzentriert, bei der das Genom der Nachkommen verändert wird.
Das ist bei der somatischen Gentherapie nicht der Fall. Ein Beispiel für eine solche Therapie ist das Medikament „Zolgensma“, das im vergangenen Jahr Schlagzeilen machte, als damit ein Baby behandelt wurde, das unter einem seltenen Gendefekt litt. „Der rasche Fortschritt in der Technologie lässt erwarten, dass dieses Verfahren nicht nur bei seltenen genetischen Störungen, sondern auch bei weit verbreiteten Krankheiten zum Einsatz kommen wird“, erklärt Prof. Dr. Dederer die Bedeutung. Das Besondere an neuen Methoden wie CRISPR/Cas oder die bei der Corona-Schutzimpfung eingesetzte mRNA-Technologie sei, dass Gentherapien nicht mehr notwendig Gene als solche veränderten, sondern stattdessen lediglich die Genexpression, also die Art und Weise, wie sich ein Gen auspräge.
In dem BMBF-Verbund erforschen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler disziplinenübergreifend folgende Aspekte:
- Fragen der Klassifizierung: Moderne somatische Gentherapien verändern nicht notwendig ein Gen, sondern unter Umständen nur dessen Expression. Wie lässt sich das in das geltende Regelwerk rechtlich, ferner aber auch unter einem ethischen und biomedizinischen Blickwinkel einordnen?
- Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der EU und Deutschlands als Forschungs- und Industriestandort: Die Forschenden untersuchen, wie die neuen Verfahren anderswo, etwa in den USA, in Kanada, in Großbritannien und in Japan, geregelt werden. Welche Regeln braucht es und wo ist das deutsche und europäische Recht womöglich zu eng? Welche Rolle spielen darüber hinaus Vertrauen und Akzeptanz für den Standortwettbewerb?
- Fragen der Fairness: Die Behandlung eines Patienten oder einer Patientin kann sich schnell auf Kosten in Millionenhöhe belaufen. Wer bekommt Zugang zu einer solchen Therapie? Welche genetischen Krankheiten sollen überhaupt therapiert werden? Und: Inwiefern ist die Forschung zu europäisch und lässt die Bedarfe anderer Teile der Weltbevölkerung außeracht?
- Fragen der Sicherheit: Zwar gelten die neuen genomischen Verfahren als wesentlich sicherer. Doch auch hier kann die Schere mal daneben schneiden. Was dann? Wie lassen sich solche Fälle regulieren, insbesondere dann, wenn es um Fehlschläge bei pränatalen somatischen Gentherapien, also am Fötus im Mutterleib, geht?
Beteiligte und Förderung
Neben den Juristinnen und Juristen aus Passau sind an dem BMBF-Verbund „NANoSoGT“ Ethikerinnen und Ethiker an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Thomas Heinemann beteiligt. Prof. Dr. Tobias Cantz vom REBIRTH-Zentrum für translationale regenerative Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover steuert medizinische und biologische Erkenntnisse bei.
Es handelt sich dabei um ein bewährtes Konsortium, das bereits seit über zehn Jahren gemeinsam neue ethische und rechtliche Aspekte in verschiedenen Bereichen der Biowissenschaften erforscht. So befasste sich das interdisziplinäre Team etwa mit der ethischen und rechtlichen Einordnung von genom-editierten induzierten pluripotenten Stammzellen und ihrer therapeutischen Verwendung.
Den neuen Verbund „NANoSoGT“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit von drei Jahren mit 1,2 Millionen Euro, davon gehen 544.102,64 Euro an die Universität Passau.
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Hans-Georg Dederer (Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht) |
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Laufzeit | 01.10.2022 - 30.09.2025 |
Mittelgeber | BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung |
Projektnummer | 01GP2205A |