Das Projekt berührt grundsätzliche Fragen des Lebens: Anhand welcher Kriterien bestimmt sich, ob eine embryonale Entität schutzwürdig ist? Juristinnen und Juristen der Universität Passau haben verschiedene Embryodefinitionen de lege lata und de lege ferenda vor dem Hintergrund neuer Techniken überprüft.
Als Embryo gilt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zufolge jede Entität, welche die inhärente Fähigkeit besitzt, sich zu einem Menschen zu entwickeln. Umgekehrt heißt das: Zellen oder Zellkonglomerate, die sich nicht selbständig zum Menschen weiterentwickeln können, sind keine Embryonen. Das hat der EuGH im Dezember 2014 in der Rechtssache C-364/13, "ISCO /Comptroller General of Patents" klargestellt.
Damit greift der Europäische Gerichtshof zwar nicht explizit, aber in der Sache auf Totipotenz als rechtliches Kriterium zur Bestimmung der Schutzwürdigkeit pränataler Entitäten zurück. Totipotenz bildet auch im Stammzellgesetz (StZG) und - bei entsprechend weiter, sich vom Wortlaut lösender Auslegung - ebenso im Embryonenschutzgesetz (ESchG) das entscheidende Definitionsmerkmal für den Embryobegriff. Totipotente Zellen - das sind Zellen, die sich zu einem Ganzen, d.h. zum Individuum weiterentwickeln können. Totipotenz scheint jedoch angesichts neuer technischer Möglichkeiten ihrer artifiziellen Erzeugung als Kriterium zur Statusbestimmung menschlicher Embryonen überholt. Insbesondere als alleiniges Merkmal zur Statusbestimmung von Zellen oder Zellkonglomeraten erscheint Totipotenz nicht hinreichend. Gleiches gilt für das Kriterium der "qualifizierten Entwicklungsfähigkeit".
Nur: Was definiert dann einen Embryo? Wie weit müssen sich Zellen entwickeln können, um als Embryo zu gelten? Sind Zellen mit natürlicher Totipotenz schutzwürdiger als solche mit hochartifiziell erworbener Totipotenz? Können sich Intentionen auf den Status einer embryonalen Entität auswirken?
Juristinnen und Juristen der Universität Passau untersuchten diese Fragen im Rahmen eines vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) geförderten Projektes. Die Passauer Gruppe arbeitete eng mit Expertinnen und Experten aus Philosophie und Medizin zusammen. Der Titel des juristischen Teilprojekts lautete: "Totipotenz als rechtliches Kriterium im Lichte neuer Erkenntnisse der Entwicklungsbiologie".
Folgende Ergebnisse wurden erarbeitet:
Beteiligte und Förderung
Prof. Dr. Dr. Thomas Heinemann, Inhaber des Lehrstuhls für Ethik, Theorie und Geschichte der Medizin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV), koordinierte das Projekt. Prof. Dr. Hans-Georg Dederer, Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht, leitete das juristische Teilprojekt an der Universität Passau. Prof. Dr. Tobias Cantz, Leiter des Exzellenzclusters REBIRTH an der Medizinischen Hochschule Hannover steuerte Erkenntnisse aus der Stammzell- und der Molekularforschung bei.
Das Projekt erhielt Fördermittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Laufzeit betrug zwei Jahre.
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Hans-Georg Dederer (Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht) |
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Laufzeit | 01.06.2014 - 30.09.2016 |
Website | http://www.jura.uni-passau.de/dederer/bmbf-projekte/bmbf-projekt-ii/ |
Mittelgeber |
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
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Projektnummer | 01GP1410B |