Forschung
Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls:
- Deutsches und europäisches Wirtschaftsverfassungs- und -verwaltungsrecht
- Kommunalrecht
- Datenschutzrecht und Datenrecht
- Verwaltungsverfahrensrecht und e-Government
- Effektiver Rechtsschutz
Laufende Drittmittelprojekte:
DFG-Projekt 528796849: Digitalisierung des Verwaltungsrechts in Deutschland und Taiwan
Die Digitalisierung wirkt sich global in nahezu allen Lebensbereichen aus. Infolgedessen stehen die Rechtsordnungen weltweit unter erheblichem Änderungsdruck. Das Öffentliche Recht, insbesondere das Verwaltungsrecht, ist hiervon nicht ausgenommen. Vergleichbare Herausforderungen wirken sich dabei jedoch nicht notwendig in übereinstimmenden rechtlichen Lösungen aus. Vielmehr entwickeln sich in unterschiedlichen Staaten divergierende Ansätze, welche sich zugleich als Weichenstellungen für die künftige Rechtsentwicklung und damit auch für die Funktionsweise von Staaten auszuwirken geeignet sind. Damit verbunden sind Auswirkungen auf die Balance zwischen den Staatsgewalten, die Bedeutung und Realisierung von Individualrechten wie auch den internationalen Standortwettbewerb. Deutschland und Taiwan stehen insoweit vor vergleichbaren Herausforderungen. Zugleich weisen das deutsche und das taiwanesische Verwaltungsrecht aufgrund der historischen Orientierung des taiwanesischen Gesetzgebers am deutschen Vorbild eine erkennbare Ähnlichkeit auf. Diese beschränkt sich nicht auf die Rechtstexte, sondern auch auf ihre Interpretation und die damit verbundene Methodik. Eine vergleichende Auseinandersetzung mit rechtlichen Lösungen ist daher ohne weiteres möglich. Mit ihren gleichwohl gegebenen Unterschieden zeigen beide Verwaltungsrechtsordnungen zugleich Entwicklungspotenziale des jeweils anderen nationalen Verwaltungsrechts auf. Diese Unterschiede, ihre Hintergründe und Auswirkungen sollen - soweit die Digitalisierung betroffen ist - im Fokus des Projekts stehen und wechselseitig Anstöße für eine Fortentwicklung des Verwaltungsrechts in Deutschland und Taiwan geben. Hierfür bedarf es einer systematischen Auseinandersetzung mit der Rechtsentwicklung in beiden Ländern vor dem Hintergrund u.a. verfassungsrechtlicher Besonderheiten, des jeweiligen technologischen Entwicklungsstandes (allgemein wie auch sachbereichsspezifisch), der politischen Bereitschaft zum und Gründe für den Einsatz von IT im Zusammenhang mit der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben (z.B. Pandemien, Vereinfachung der Massenverwaltung). In Einzelnen zu untersuchen sind Normen und Rechtsakte im Allgemeinen wie auch im besonderen Verwaltungsrecht und ihre Funktionsweise, welche unmittelbar die Funktionsweise der Verwaltung im "digitalen Staat" zum Gegenstand haben. Ergänzend sind verwaltungs(rechts)bezogene Herausforderungen der Digitalisierung zu identifizieren und in den Blick zu nehmen, die in beiden Rechtsordnungen bislang unzureichend erfasst werden.
Projekt in Kooperation mit dem National Science and Technology Council (NSTC)
Abgeschlossene Drittmittelprojekte:
Projekt „Privacy BlackBox“: Datenschutzkonformer Kameraeinsatz im Auto
Juristinnen und Juristen der Universität Passau beteiligen sich an dem Projekt „Privacy BlackBox“, in dem die Uniscon GmbH und das Fraunhofer AISEC eine Lösung für einen datenschutzkonformen Einsatz von Dashcams in Autos entwickeln.
Um sich für einen möglichen Schadensfall abzusichern, setzen immer mehr Autofahrerinnen und -fahrer auf sogenannte Dashcams, die das Verkehrsgeschehen vor dem Auto filmen. Was vielen dabei nicht bewusst ist: das anlasslose und vor allem permanente Filmen durch die Windschutzscheibe ist ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und die Persönlichkeitsrechte der Verkehrsteilnehmenden.
Damit sind die Aufnahmen vor deutschen Gerichten, anders als in Amerika oder Russland, als Beweismittel umstritten. Aktuell gibt es keine einheitliche EU-weite datenschutzrechtliche Regelung darüber, wie mit den Aufnahmen umzugehen ist. Die Frage, ob und wie die erfassten Daten verwendet werden dürfen, muss im Einzelfall auf Basis einer Interessens- und Güterabwägung und der entsprechenden Orientierungshilfen der Datenschutzaufsichtsbehörde erfolgen. Sie erforderte in der Vergangenheit meist den Einsatz mehrerer gerichtlicher Instanzen.
Das manuell ausgelöste, anlassbezogene Aufzeichnen durch Kameras, die erst dann aktiviert werden, wenn Sensoren Sonderfälle wie intensive Bremsvorgänge oder Erschütterung registrieren – sogenannte Crashcams – bietet keine vollständige Lösung des Dilemmas und erfordert zudem noch zusätzlichen Aufwand. Die Frage der rechtmäßigen Verwendung oder der gezielten Manipulation der Aufzeichnungen bleibt, zumal die Daten nachträglich bearbeitet werden müssen: Nicht-involvierte Personen sind zu verpixeln, irrelevante Aufnahmen zu löschen. Hinzu kommt in diesem technischen Konstrukt die Frage nach der Rechtzeitigkeit des Aufzeichnungsvorgangs für eine Entscheidungshilfe vor Gericht.
Die Privacy BlackBox – Datenschutz und Nachvollziehbarkeit
Das Fraunhofer AISEC arbeitet gemeinsam mit der Universität Passau und der Uniscon GmbH an einer Lösung, die eine datenschutzkonforme Aufzeichnung, Speicherung und Auswertung von sensiblen Daten ermöglicht: Die »Privacy BlackBox« sieht einen zuverlässigen Schutz von Bild-, Ton- und Videodaten vor Missbrauch vor, sowie in begründeten Einzelfällen eine strikt zweck- und anlassgebundene Auswertung. Die „Privacy BlackBox“ basiert auf zwei zentralen Bestandteilen:
- Ein vertrauenswürdiges Aufnahmegerät ermöglicht eine dezentrale Datenspeicherung ohne Single-Point-of-Failure und eine betreibersichere Datenverschlüsselung direkt auf dem Gerät. Zuständig für die technologische Ausgestaltung dieses Geräts ist das Fraunhofer AISEC mit seiner Expertise auf den Gebieten IT-Sicherheit, Trusted Computing und Integritätsschutz.
- Eine digitale Treuhänder-Infrastruktur schützt vor unbefugtem Zugriff auf die Daten und garantiert transparente Nachvollziehbarkeit und sicheres Logging von Ereignissen. Das Unternehmen Uniscon GmbH übernimmt als Industriepartner den Aufbau und den Betrieb dieser Infrastruktur.
Unklarer Rechtsrahmen erfordert wissenschaftliche Expertise
Das Projekt wird juristisch begleitet vom Lehrstuhl für öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht der Universität Passau. Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts »Digitalisierung, vernetzte Gesellschaft und (Internet)Kulturen« setzt sie sich schon seit vielen Jahren mit den Bereichen IT-Sicherheit und Sicherheitsrecht auseinander. »Mit der Privacy BlackBox wollen wir eine Lösung erarbeiten, die die Vorteile der Digitalisierung – in diesem Fall Dashcams – nutzbar macht, und gleichzeitig die Privatsphäre des Individuums wahrt«, erläutert Prof. Dr. Meinhard Schröder von der Universität Passau. »Spätestens seit der DSGVO hat das Thema Datenschutz einen ganz neuen Stellenwert. Neben einheitlichen gesetzlichen Regelungen fehlen technische Innovationen, die diese Regelungen direkt berücksichtigen. Daran arbeiten wir.«
Einsatz auch in Industrie 4.0
Die Entwicklung der Privacy BlackBox ist ein Gemeinschaftsprojekt der drei erfahrenen Projektpartner. Zukünftig soll die Privacy BlackBox nicht nur im Automobil, sondern auch im industriellen Umfeld zur Überprüfung von Anlangen und Maschinen eingesetzt werden. Videoaufnahmen von technischen Prüfungen oder Untersuchungen im Bereich kritischer Infrastrukturen ermöglichen eine detaillierte Dokumentation des Prüfvorgangs. Parallel zu den personenbezogenen Daten im Automobil werden hier mitunter auch betriebsgeheime Informationen erfasst, die einer strengen Zugriffskontrolle und einem umfassenden Schutz der sensiblen Daten bedürfen.
Ausführliche Pressemitteilung dazu
Projektleitung an der Universität Passau | Prof. Dr. Meinhard Schröder (Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht) |
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Laufzeit | 15.05.2019 - 14.05.2021 |
Mittelgeber | BayStMWi - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie > BayStMWi - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie - IuK Informations- und Kommunikationstechnik |