Thema der Tagung
Fragen & Antworten - Verstehen & Erklären in den Wissenschaften
Gegenstand der Tagung sind die Grundtypen wissenschaftlichen Fragens und Antwortens.
Wissenschaftliche Tätigkeit besteht zu einem wesentlichen Teil in der Erarbeitung von Fragestellungen sowie in der Bereitstellung von Antwortmöglichkeiten. Unsere These: In den meisten, womöglich gar in allen Disziplinen lassen sich dieselben drei Typen von Frage-Antwort-Zusammenhängen (Fragekontexten) antreffen:
(1) Fragen, die innerhalb der Wissenschaft als zulässig/einschlägig erscheinen und deren Beantwortung mit den Mitteln der Wissenschaft erwartet werden kann.
(2) Fragen, die innerhalb der Wissenschaft zwar gestellt werden und deren grundsätzliche Beantwortbarkeit erwartet werden kann, indes nicht unter ausschließlicher Nutzung der von der jeweiligen Wissenschaft bereitgestellten Mittel.
(3) Fragen, die nicht nach einschlägigen empirischen oder formalen Methoden innerhalb der jeweiligen wissenschaftlichen Sprachspiele beantwortbar sind, insbes. Scheinprobleme.
Innerhalb dieser drei Fragekontexte findet der intra- und interdisziplinäre Diskurs statt, in dem die Wissenschaften ihre Gegenstände, ihre Grenzen und wechselseitigen Anschlussflächen, mithin ihre jeweilige »Identität«, und, ausgehend hiervon, ihre spezifischen Methoden aushandeln. Unter dem Vorzeichen dieser Frage-Antwort-Zusammenhänge vollzieht sich die für das jeweilige Fach charakteristische Bestimmung der Bedingungen und Bezugspunkte wissenschaftlichen Diskurses. Diese Bestimmung, die logisch am Anfang jeder Wissenschaft steht, ist ein essentiell hermeneutischer Prozess - sie betrifft den jeweiligen Begriff des Verstehens und die damit korrespondierende Methode des Erklärens. Auf die Erforschung dieses Prozesses ist die Tagung gerichtet.
Hierzu soll die These von der Universalität der drei Fragekontexte zur Diskussion und, vor allem, auf die Probe gestellt werden: VertreterInnen unterschiedlicher Disziplinen - u. a. aus Chemie, Biologie und Physik, Rechts- und Geschichtswissenschaften, Philosophie, katholischer, evangelischer und islamischer Theologie - werden aus der Perspektive ihres jeweiligen Fachs exemplarisch dazu Stellung nehmen, ob der wissenschaftliche Diskurs in ihrem Bereich diese Kategorien anerkennt und wie er gegebenenfalls mit ihnen umgeht. Die dabei zu erwartenden Erkenntnisse bedeuten einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer übergreifenden Hermeneutik der verstehenden Wissenschaften und damit zu einer Theorie der gemeinsamen Fundamente der Disziplinen – einer Theorie, derer es für einen fruchtbaren Austausch der Wissenschaften dringend bedarf.
Hintergrund:
Die Tagung "Fragen & Antworten" setzt den Diskurs fort, der 2016 im Rahmen der Vorgängerveranstaltung - der Tagung "als bis wir sein Warum erfasst haben": Die Vierursachenlehre des Aristoteles als Grundlage für Hermeneutiken in Rechtswissenschaft, Theologie und Philosophie - begonnen und zwischenzeitlich in einer interdisziplinären Forschergruppe fortgeführt wurde.