2016-2017
Im August 2016 war die EHRMCC² in die 5. Runde gestartet. Der zur Bearbeitung ausgegebene Fall betraf das rechtlich komplexe Schnittfeld von Terrorismusprävention und effektiver Strafverfolgung einerseits und der Wahrung von Bürgerrechten und Verteidigungsstandards andererseits. Die europaweiten Qualifikationsrunden erforderten den Entwurf zweier Schriftsätze, aus denen die „Top 20“-Teams ermittelt und zu den Oral Pleading Finals nach Straßburg an den EGMR geladen wurden.
Innerhalb von vier Monaten erarbeiteten die Studierenden in Form einer Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) zwei Schriftsätze zu je 20 Seiten (Applicant und Respondent) in englischer Sprache, was exakt den Anforderungen einer solchen „Menschenrechtsbeschwerde“ zum EGMR entspricht. Dazu mussten sie nicht nur die heiklen Rechts- und Abwägungsfragen des Falles in eine ausgewogene und überzeugende Gestalt bringen, sondern vor allem auch die umfassende Judikatur des EGMR, der in der Tradition des Common Law in ausführlichen und langgestreckten Urteilen in englischer und französischer Sprache judiziert, recherchieren, bearbeiten und wissenschaftlich systematisieren. Die dogmatische und methodengerechte Arbeit an über 150 solcher Judikate und die vertiefte internationale Literaturauswertung waren notwendig, um den Fall rechtlich „in den Griff“ zu bekommen.
Das studentische Team der Juristischen Fakultät der Universität Passau (Lukas Cramer, Sandra Isenburg, Deniz Özkan, Anna-Lena Sümnick) hatte es aufgrund seiner exzellenten Schriftsätze in die Runde der besten 20 Teams von 95 Universitäten aus über 30 Ländern aus ganz Europa geschafft und konnte beim Finale in Straßburg vom 12. bis 16. Februar 2017 die einmalige Gelegenheit wahrnehmen, in mehreren Oral Pleadings vor Richtern des EGMR und zahlreichen Menschenrechtsexperten des Europarates die Juristische Fakultät der Universität Passau zu vertreten.
Beim Finale der „Top 20“ im elsässischen Straßburg mussten die Studierenden nunmehr auch ihr rhetorisches und anwaltliches Geschick beweisen. Mittels dreier Qualifikationsrunden mit jeweils insgesamt 80-minütigen Pleadings wurden die Finalisten der Endrunde ermittelt, die am letzten Wettkampftag im Großen Sitzungssaal des EGMR vor der mit neun Richtern besetzten Kammer den seit nunmehr sechs Monaten bearbeiteten Fall vorstellen und ihre jeweilige Expertise verteidigen durften.
Abgerundet wurde der EHRMCC durch Empfänge der britischen und der zypriotischen Botschaften, eine Audienz beim Bürgermeister der Stadt Straßburg, Sightseeing und Führungen durch die Räumlichkeiten des Europarates sowie ein ausgedehntes Abendprogramm für die Studierenden.
Die Teilnahme des Passauer Teams wurde unterstützt durch die 2010 an der Universität Passau eingerichtete Forschungsstelle Human Rights in Criminal Proceedings (HRCP). Eine finanzielle Unterstützung leistete außerdem die Wirtschaftsstrafrechtliche Vereinigung e.V.
Fachlich betreut und gecoacht wurde das Team von Prof. Dr. Robert Esser, Dr. Oliver Harry Gerson und Helmut Krickl.
Die 6. Runde des EHRMCC startet bereits im August 2017. Nach derzeitigem Planungsstand wird die Universität Passau dort wieder mit einer Studentengruppe der Juristischen Fakultät vertreten sein.